Centre de recherches en histoire et épistémologie comparée de la linguistique d'Europe centrale et orientale (CRECLECO) / Université de Lausanne // Научно-исследовательский центр по истории и сравнительной эпистемологии языкознания центральной и восточной Европы
-- Sextil PUSCARIU : «Phonetisch und phonologisch», Volkstum und Kultur der Romanen. Sprache, Dichtung, Sitte, III. Jahrgang, 1. Heft, Hamburg, 1930, S. 16-24.
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Gelegentlich des ersten Haager internationalen linguistischen Kongresses , sowie gelegentlich des ersten Kongresses der slavischen Philologen, abgehalten 1929 in Prag , trat die Schule der jungen russischen Linguisten mit einer Anzahl "Thesen" auf, die lehrreich sind und um so weniger von den Romanisten außer acht gelassen werden sollten, als die Meister der Russen hauptsächlich Romanisten wie Gilliéron sind, oder solche, die, wie A. Meillet, F. de Saussure (und seine Schüler), die allgemeine Linguistik mit Methoden, die sich in der romanischen Sprachwissenschaft als fruchtbar erwiesen haben, auffrischten. Dennoch bringen sie in die Art, die Dinge zu betrachten, etwas spezifisch Russisches und wenden in dem Studium der Sprachen, an Stelle der evolutionistischen Theorien in Darwinischem Sinne, das Prinzip der Nomogenesis an. "L'idéologie contemporaine... met en relief, avec une netteté de plus en plus grande, au lieu d'une addition mécanique un système fonctionnel, au lieu d'un renvoi, tout bureaucratique, à une case voisine, des lois structurales immanentes, au lieu d'un hazard aveugle une évolution tendant vers un but," (Jakobson, Remarques 100.) In Übereinstimmung mit diesen Prinzipien stellt die russische Schule die "Grundziele der synchronischen Phonologie" auf und setzt an erste Stelle die Notwendigkeit einer Charakterisierung des phonologischen Systems der Sprache, "c'est-à-dire établir le répertoire des images acoustico-motrices les plus simples et significatives dans une langue donnée (phonèmes), en spécifiant obligatoirement les relations existant entre lesdits er Gedan
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c.-à-d. en traçant le schème de structure de la langue considérée; en particulier, il est important de définir comme type spécial de différences significatives les correlations phonologiques." (Travaux 1, S. 10-11 .) Solch phonologische Wechselbeziehungen wären im Russischen: Akzent — Tonlosigkeit, weiche — harte Stellung; im Tschechischen: Länge — Kürze usw. .ke verdient näher verfolgt zu werden. Er kann jedoch auch anders aufgefaßt werden als es N. Trubetzkoy in Zur allgemeinen Theorie der phonologischen Vokalsysteme, V. Mathesius in La structure phonologique du lexique du tchèque moderne (beide Studien sind im ersten Band der Travaux erschienen) und R. Jakobson in Remarques sur l'évolution phonologique du russe comparée à celle des autres langues slaves (bildet den 2. Band der angeführten Travaux), tat Schon in Bezug auf den Ausdruck "phonologisch" unterscheide ich mich sowohl von Jakobson, der (a. a. 0., S. 103) einige sehr komplizierte Unterscheidungen zwischen phonique, phonologique und phondtique macht, als auch von F. de Saussure, der jenem als Vorbild dient, und nach dem die "Phonologie" eine synchronische Wissenschaft und die "Phonetik" eine diachronische Disziplin ist. Ich schlage im Gegenteil, in Übereinstimmung mit dem in einer Studie Despre legile fonologice (Dacoromania II, 1922, S. 29) Veröffentlichten, vor, daß wir den Ausdruck "Phonetik" in seiner althergebrachten Bedeutung beibehalten; für das deutsche "Lautlehre" wäre dagegen in den romanischen Sprachen - parallel mit "Formenlehre" - "Morphologie" -
Die Phonetik beschreibt das Repertorium der akustischen Vorstellungen und zeigt wie die Laute in verschiedenen Sprachen artikuliert werden. Sie ist folglich eine beschreibende Wissenschaft, und die von ihr benützte Methode ist die synchronische. "Statisch" ist auch der Gesichtspunkt, auf den wir uns stellen, wenn wir das phonetische System einer Sprache feststellen wollen, wenn wir also eine Sprache durch ihre lautliche Struktur charakterieieren wollen. Das was - um nur einige Beispiele anzuführen - das phonetische System der rumänischen Umgangssprache im Gegensatz zu demjenigen der deutschen Sprache (in der literarischen Aussprache vieler Provinzen) kennzeichnet, ist, unter anderem, eine genauere Unterscheidung der Wechselbeziehung zwischen "stimmhaft-stimmlos"; dagegen fehlt ihr die Wechselbeziehung langkurz". Die französische Sprache ist der rumänischen ähnlich, was die stimmhaften sowie stimmlosen Konsonanten betrifft (die sie sogar genauer, als dies im Rumänischen der Fall ist, unterscheidet); sie weicht aber von der rumänischen Sprache nicht nur in der Unterscheidung von "langen" und "kurzen" sondern auch in Hinsicht auf die Wechselbeziehung "orale" und "nasale" Vokale ab . Was aber die rumänische Sprache im Gegensatz zu den meisten anderen Sprachen hauptsächlich kennzeichnet, ist die Ausbildung einer ganzen Reihe von Mittelzungenvokalen (in der Schrift durch die beiden Buchstaben a und â (î) wiedergegeben) und von stimmlosen oder "geflüsterten" Vokalen.zu dem heutigen phonetischen System der rumänischen Sprache gelangt ist, hat sich eine ganze Reihe von Veränderungen in der Redeweise der Rumänen vollzogen.
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okkasionelle Sprechweise ist zur habituellen geworden; weniger sorgfältige und "ökonomisierende" Artikulierung einiger Laute in der Nachbarschaft anderer sind aus der raschen und familiären Redeweise in die gepflegte übergegangen; bestimmte individuelle Gewohnheiten sind - weil sie sich oft und bei mehreren Individuen wiederholt haben - zu kollektiven geworden. So sind die phonetischen Gesetze entstanden, deren Studium nur in diachronischer Weise betrieben werden kann. rs die Anpassung an die benachbarten Laute und die Vernachlässigung der Gleichzeitigkeit der verschiedenen Bewegungen: unseres Sprachorganes, wenn es ein
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(EXMULGEO > zmulg oder, im Gegenteil, der vorzeitigen Öffnung der Stimmbänder vor der Pause, wodurch Stimmlosigkeit im Endteil des wortauslautenden stimmhaften Konsonanten bewirkt wird . Der Mensch ist ein steter Beobachter seiner Sprache, die er ununterbrochen zu vervollkommnen trachtet. Durch unaufhörliches Vergleichen - und die Neigung, fortwährend Vergleiche zwischen seinen Beobachtungen anzustellen, ist dem Menschen angeboren - seiner Ausdrucksweise mit derjenigen seiner Mitmenschen, gelangt er dahin, seine individuelle Sprache zu erkennen und sie mit der Sprechart der Gesamtheit in Einklang zu bringen; durch ununterbrochenes Vergleichen der seine Sprache bildenden Elemente unter einander, wird er in den Stand gesetzt, jene Abstraktionen und Kategorien zu machen, die es ihm gestatten, sich eine ungeschriebene Grammatik seiner eigen Nicht alle Neuerungen, die er sich durch Nachahmung oder durch neuerworbene Gewohnheiten aneignet, kommen ihm zum Bewußtsein. Am allerwenigsten solche, die durch ein unmerkliches Hinübergleiten in einen akustisch wenig differenzierten Laut entstehen. So geben sich zum Beispiel nur wenige Rumänen davon Rechenschaft, daß sie in împäca einen anderen Nasalkonsonanten als in îndesa aussprechen (die Lehrer der unteren Klassen stellen oft den orthographischen Fehler înpac fest); wenn sich n mit einem Labiodental kombiniert, wird dieser Unterschied noch weniger bemerkt (wie die offizielle Schreibung umfla gegenüber înfläcära beweist), und es dürfte sehr wenige phonetisch Ungeschulte geben, welche wissen, daß sie vor k, g - bei deren Aussprache die Augen die Artikulation nicht mehr verfolgen können - nicht (dentales) n, sondern (velares) q sprechen. Wie ich mich überzeugen konnte, stehen die oben angeführten phonetischen Gesetze außerhalb des Bewußtseins der rumänisch sprechenden Subjekte. es andere Sprachwandlungen, die uns nicht nur bewußt werden, sondern bei denen wir auch die Bedingungen, unter denen die Neuerungen auftreten, erkennen; ja unser grammatikalisches Gefühl e Gesetz den sprechenden Subjekten zum Bewußtsein kommt, und wenn es von diesen verallgemeinert wird, dann haben wir es mit einem phonologischen Gesetz zu tun. Es handelt sich in solchen Fällen nicht, wie bei den phonetischen Gesetzen, um ein allmählich sich vollziehendes Gleiten aus einer Artikulation in eine andere, sondern um einen beim sprechenden Subjekt klar zu Tage tretenden Unterschied gegen seine eigene Aussprache und um eine gewollte Ersetzung der herkömmlichen Sprechweise durch eine "bessere". Wir haben es also mit einem ähnlichen Vorgang zu tun wie beim Tausch eines Wortes wie rum. osteni durch das "feinere" obosi, des stilistisch indifferenten cädea durch das ansc Da von einem Prozeß die Rede ist, können die phonologischen Gesetze nur in diachronischer Weise studiert werden, wie ja im allgemeinen die Lautlehre (Phonologie) ein Kapitel der historischen Grammatik einer Sprache bildet. Zwar glaubt die neue russische Schule, daß, "was uns heute ausschließlich beschäftigen sollte, nicht die Genesis, sondern die Funktion ist" (Jakobson, a. a. 0. 99), doch ist ein Verständnis des durch die "statische', Forschungsart Festgestellten ohne ein Verfolgen der historischen Entwicklung kaum m&gli Wie man aus den in der Phonetik gemachten Feststellungen (las phonetische System einer Sprache aufstellen kann, so kann man auch (las phonologische System einer Sprache synthetisch aus der Lautlehre zusammenstellen. Tatsächlich sind wir Romanisten mit derartigen Synthesen vertraut, seit Meyer-Lübke und Zauner, in ihren zusammenfassenden Werken, die romanische Lautlehre nach den hauptsächlichen Bedingungen unter denen die phonologischen Gesetze auftreten, gegliedert haben. Nur eine derartige Methode ist geeignet, eine Sprache auch hinsichtlich der historischen Entwicklung ihrer Laute zu charakterisieren.r, i Für die rumänische Sprache - genauer für die urrumänische Epoche - habe ich versucht, eine derartige Charakterisierung des phonologischen Systems in meinem Buch Studii istroromâne II, § 275ff. zu geben. Hier will ich nur einige Beispiele anführen. So stellen wir fest, daß beispielsweise unter den Bedingungen, welche die lautliche Struktur der rumänischen Sprache verändern, die Unterschiede "offene" und "gedeckte" Stellung, die in anderen romanischen Sprachen eine so wichtige Rolle spielen, keine Bedeutung haben, auch nicht die Tatsache, ob "enge Vokale (i, u) auf mittlere und weite Vokale (e, a, o)" folgen und den Umlaut, wie in anderen romanischen Sprachen und Mundarten, bedingen. Im Gegenteil bewirken die Vokale e und a (ä) den Umlaut, und wichtig ist vor allem, ob ein Laut "betont'oder "unbetont" ist, denn Tonlosigkeit hat das gleiche Schließen der Vokale zur Folge, wie die "nasale Stellung" (im Gegensatz zu der "oralen"); wichtig ist ferner ob ein Laut "vor" - oder "nachtonig", ob er "anlautend", "intervokalisch" oder &quoslau Besonders lehrreich
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ist der Fall der "harten" und "weichen Stellung" im Rumänischen.
Wie ich Dacoromania V, 777ff. zu zeigen bestrebt war, bedingte oder verhinderte die "weiche Stellung" (e oder i in der folgenden Silbe) anfänglich wenige Lautwandlungen. Durch Analogie, also durch nachherige Interpretation des Sprachmaterials und durch die Einordnung desselben in Kategorien, in denen es ursprünglich nichts zu suchen hatte, ist die "weiche Stellung" als "Bedingung" einiger neuer phonologischer Gesetze anerkannt worden, wodurch sie in der lautlichen Struktur der rumänischen Sprache sehr große Umwälzungen bewirkt und auch in der Morphologie bedeutende Rückwirkungen zur Folge hatte. Gerade dieser Fall zeigt aber, daß eine statische Betrachtungsweise der Sprache allein, ohne eine historische Rückverfolgung der beobachteten Tatsachen bis zu ihrer Entstehung, unsere Wissenschaft nicht befriedigen kann
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