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Centre de recherches en histoire et épistémologie comparée de la linguistique d'Europe centrale et orientale (CRECLECO) / Université de Lausanne // Научно-исследовательский центр по истории и сравнительной эпистемологии языкознания центральной и восточной Европы


-- Zpráva o přednášce Weingartově o jazyk. otázce na Podkarp. Rusi v Prager Presse, 12 IV 31.

 

              Zur Sprachenfrage in der Podkarpatská Rus. Der „Prager Linguistische Zirkel" hat am 9. April eine Sitzung veranstaltet, in der die Sprachenfrage in der Podkarpatská Rus zur Debatte stand. Der Referent, Professor Weingart, charakterisierte die linguistische, kulturhistorische und politische Verwikkeltheit dieser Frage. Nach dem Vortrag, der eingehend die Geschichte und den heutigen Stand des Problems darlegte, entwikkelte sich eine lebhafte Debatte, an der sich tschechoslovakische, russische und ukrainische Linguisten beteiligten. Die Ergebnisse der Debatte kann man etwa folgendermaßen zusammenfassen: Die Sprachenfrage kann nicht mit Hilfe von Argumenten rein genetischer Art gelöst werden. Man kann den Ursprung der Karpathorussen aus dem südlichen Zweig der urrussischen Sprache nicht als richtunggebenden Ausgangspunkt für die praktische Lösung benutzen. Der Standpunkt der Tschechischen Akademie der Wissenschaften vom.Jahre 1909 greift mit seinem übertriebenen, einseitigen Genetismus fehl. Eine unvergleichlich größere Rolle als die Frage des Ursprungs hat die statistische Analyse des Grades der Nähe der russischen Schriftsprache auf der einen Seite, des Ukrainischen auf der anderen Seite zu den lokalen Dialekten zu spielen. Unter diesem Gesichtspunkt muß die lautliche und grammatische Struktur sowie der Wortschatz durchforscht werden. Mit dieser Arbeit ist freilich noch gar nicht begonnen worden. Unter anderem hat man noch nicht die Rolle der kirchenslavischen Elemente im Leben der karpathorussischen Bevölkerung festgestellt. Die kirchenslavische Schicht bringt den Karpatorussen die russische Schriftsprache näher, die auf kirchenslavischer Grundlage aufgebaut ist, während in der ukrainischen Schriftsprache diese Elemente ausgetilgt sind. Die struktural-linguistische Analyse kann ein wesentliches Hilfsmittel bei der Erörterung der karpatho-russischen Sprachenfrage sein. Freilich gibt die Linguistik nicht allein den Schlüssel zur Lösung dieser Frage. Die Sprache ist ein Bestandteil der Kultur und eine bedeutsame Rolle spielen hier Faktoren, wie kulturelle Beziehungen, Wirtschaft, Religion und namentlich auch der Wille der Bevölkerung. Die Wahl zwischen der russischen Schriftsprache und dem Ukrainischen ist aus diesem Grunde sehr schwierig. Das Ideal sollte sein, den gebildeten Karpathorussen sowohl mit der ukrainischen Schriftsprache (kulturell-wirtschaftliche Beziehungen mit Ostgalizien und der Ukrainischen Republik), als auch mit der russischen Schriftsprache, die für den Karpathorussen die zugänglichste Weltsprache darstellt, bekannt zu machen. Aber auch die Kenntnis des Tschechischen, resp. der Lateinschrift ist erwünscht. Die unbegründeten und schädlichen Versuche, eine neue Schriftsprache zu schaffen, sind entschieden abzulehnen, wie auch verschiedene Anpassungen der russischen Schriftsprache oder des Ukrainischen an die lokalen Verhältnisse. Die kulturellen Aufgaben erfordern eine vollkommeneBeherrschung der russischen oder ukrainischen, Sprachnorm. Ansonsten entstehen solche sprachliche Monstren, wie die Gedichte manch eines karpathorussischen Literaten. Ebenso ist es notwendig, die heutige russische, bzw. ukrainische Rechtschreibung ohne jedwede Veränderung  anzunehmen. Aufgabe der Volksschule ist es, den Schüler von den Dialektismen zu befreien und ihn der Schriftsprache anzunähern. Auf der Mittelschule wäre der gesamte Unterricht in einer der beiden ostslavischen Sprachen zu erteilen, während die andere und das Tschechische als besondere Unterrichtsgegenstände erwünsicht sind.

 


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